Anschließend ging es weiter zu Viola, einer Autohändlerin in Harare, die sich bereit erklärt hatte, mir für drei Monate ein Auto zu leihen. Viola, eine kräftige schwarze Frau Mitte Vierzig, saß hinter dem Schreibtisch in ihrem „Büro“, wobei der Begriff „Büro“ dem baufälligen Haus eher schmeichelt als dass er es zutreffend beschreiben würde. Denn im Grunde genommen ist Violas Büro nichts anderes als ein Schuppen mit einem Flur und zwei kleinen Zimmern, die man in Deutschland höchstens als Abstellraum für Gartengeräte nutzen würde. Im rechten Zimmer hat sie ihr Büro eingerichtet, das durch einen riesigen Schreibtisch eingenommen wird. Daneben hat sie einen kleinen runden Holztisch mit ein paar Stühlen für ihre Kunden aufgestellt. Auf dem Schreibtisch selbst steht ein Computer, der meist jedoch nicht genutzt wird, entweder weil kein Strom da ist oder weil er schlichtweg nicht funktioniert.
Jeden Tag liegen mindestens zwei verschiedene aktuelle Zeitungen auf dem Tisch, von denen Viola vor allem den Sportteil mit großem Interesse verfolgt. Das war nicht immer so. Als ihr Mann, ein begeisterter Fußballspieler, vor einem Jahr starb, ging auch Violas Interesse für Fußball verloren. Sie wollte nichts mehr über Fußball lesen, es erinnerte sie an ihren verstorbenen Mann, und das schmerzte sie sehr.
Hinter diesem Schreibtisch also saß Viola, als wir am Nachmittag ihr Büro betraten. Sie begrüßte mich sehr herzlich, gab mir die Hand, strahlte mich aus wachen Augen an. Viola ist eine imposante Erscheinung, die sich ihren Kummer über den Verlust ihres Mannes nicht anmerken lässt. Sie ist immer fröhlich, kleidet sich trotz ihrer Leibesfülle meist körperbetont, achtet stets darauf, dass ihre Haare gut liegen. Sie sieht jeden Tag anders aus, mal hat sie ihre Haare zu kunstvollen Cornrows geflochten, mal trägt sie die Haare offen, am liebsten mag sie es, ihre Haare zu glätten. Früher war sie einmal eine sehr schlanke Frau, hat sie Thomas erzählt, doch dann kamen die Kinder. Die Kinder wurden älter, doch die überflüssigen Pfunde blieben.
Viola hat ihre Angestellten fest im Griff. Das muss sie auch, denn seit dem Tod ihres Mannes führt sie ihren kleinen Autohandel alleine. Auf ihrem Hof bietet sie unzählige Autos zum Verkauf an. Für jeden ist etwas dabei, zwischen Limousinen findet man Kleinwagen für die Stadt genauso wie Jeeps für den abenteuerlichen Autofahrer. Die Preise sind nicht ohne, unter 2000 US-Dollar findet man bei Viola kaum einen Wagen. Das bekam auch ich zu spüren, als ich noch in Deutschland war und Thomas mir mitteilte, dass ich für den Weg zur Arbeit ein Auto brauchen würde.
Auf der Suche nach einem anständigen Auto wandte Thomas auch an Viola. Als sie hörte, dass ich weiß bin und aussehe „wie ein kleines Mädchen“ war ihr sofort klar, dass ich unbedingt ein vollfunktionstüchtiges Auto brauchen würde, mit dem ich sicher durch die Straßen von Harare fahren könnte. Zumindest sagte sie das Thomas. Der Preis für ein solches Auto überstieg bei weitem meine Vorstellungen. Zwischen 2500 und 3500 US-Dollar sollte ich bezahlen. Das war mir doch ein wenig zuviel für drei Monate Fahrvergnügen. Eine Alternative zum Kauf war, ein Auto zu mieten. Violas Schwester hatte ein Auto, das sie sowieso verkaufen wollte. Angeblich sollte es sich bei diesem Auto um einen Zweitwagen handeln, sie sei es kaum gefahren. Also erklärte sich Violas Schwester sich bereit, mir das Auto für 20 US-Dollar am Tag zu leihen. Alles hörte sich nach einem guten Geschäft an. Doch da hatte ich das Auto noch nicht gesehen.
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